Stepchek in der Schule
Handeln nach §13 Suchtmittelgesetz
Der §13 des Suchtmittelgesetzes verpflichtet Schulen und Lehrpersonen jenen SchülerInnen, die Drogen missbrauchen, gezielte Hilfe anzubieten. Dadurch soll jungen Menschen frühzeitig Unterstützung angeboten werden – ohne zu strafen, ohne Anzeige und ohne Diskriminierung. Unter dem Motto: „Helfen statt Strafen“
Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung hat unter Mitwirkung der österreichischen Fachstellen für Suchtprävention einen Leitfaden zur Umsetzung des § 13 Suchtmittelgesetz an der Schule veröffentlicht.
Der § 13 Abs. 1 des Suchtmittelgesetzes (SMG) enthält eine sich ausdrücklich auf den Suchtgiftmissbrauch durch SchülerInnen beziehende Bestimmung. Sie lautet:
„Ist aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass ein Schüler Suchtgift missbraucht, so hat ihn der Leiter der Schule einer ärztlichen Untersuchung zuzuführen. Der schulpsychologische Dienst ist erforderlichenfalls beizuziehen. Ergibt die Untersuchung, dass eine gesundheitsbezogene Maßnahme gemäß § 11 Abs. 2 notwendig ist und ist diese nicht sichergestellt, oder wird vom Schüler, den Eltern oder anderen Erziehungsberechtigten die schulärztliche Untersuchung oder die Konsultierung des schulpsychologischen Dienstes verweigert, so hat der Leiter der Schule anstelle einer Strafanzeige davon die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde zu verständigen. Schulen im Sinne dieser Bestimmungen sind die öffentlichen und privaten Schulen gemäß SchOG, BGBI. Nr. 242/1962, die öffentlichen land- und fortswirtschaftlichen Schulen sowie alle anderen Privatschulen.“
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Tatsachen vs. Vermutung bei Konsum illegaler Substanzen in der Schule
Was ist ein begründeter Verdacht?
- Grundsätzlich ist jeglicher Hinweis auf den Missbrauch von illegalen Substanzen ein strafrechtlicher Bestand, welchem nachgegangen werden muss.
- Sachverhalte (Tatsachen und Fakten) müssen geklärt, reine Vermutungen und/oder unbegründete Verdächtigungen ausgeschlossen werden, um weitere Maßnahmen zu setzen.
Was ist ein begründeter Verdacht?
„§ 13 Abs. 1 SMG spricht von bestimmten Tatsachen, die den Schluss zulassen, ein Schüler missbrauche Suchtgift. Dies bedeutet, dass ein auf bloße Vermutungen gestützter Verdacht für die Anordnung einer schulärztlichen Untersuchung nicht ausreicht. Vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte für einen Suchtgiftmissbrauch vorliegen (z.B. entsprechend auffälliges Verhalten; Einstichstellen; Injektionsnadeln; sonstige, auf einen Suchtgiftmissbrauch hindeutende Gebrauchsgegenstände; diverse Substanzen).“ (Rundschreiben 65/97 BMBF)
Sichere Anzeichen für Substanzkonsum und Suchtverhalten aufzuzählen, ist problematisch und bleibt lückenhaft.
Niemand wird ohne begründeten Verdacht (vor-)verurteilt. Die Schule zeigt die Verantwortung dadurch, dass sie Hinweisen nachgeht, dokumentiert und gesetzte Schritte nachvollziehbar macht.
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Rollen und Funktionen an der Schule im Überblick
Zuständigkeiten und Pflichten
- Die Lehrperson hat die Informationspflicht bezüglich eines begründeten Verdachts gegenüber der Schulleitung.
- Die Schulleitung ist verantwortlich für die Auslösung und Durchführung des §13 SMG – Illegeler Substanzkonsum bei SchülerInnen.
- Lehrpersonen und Schulleitung sind im Rahmen der §13 SMG der Amtsverschwiegenheit verpflichtet (§33 LDG) – Die Polizei ist vorerst nicht zu verständigen!
- Bei konkreten Anhaltspunkten für den Konsum illegaler Substanzen, ist die Schulleitung verpflichtet, eine schulärztliche Untersuchung zu veranlassen.
- Es wird empfohlen den schulpsychologischen Dienst beizuziehen.
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Verantwortung der Lehrperson
Was sind Aufgaben als Lehrperson?
Der Schulalltag bestätigt, dass es nicht immer möglich ist, klare und eindeutige Tatsachen zu bestätigen, z.B. Wahrnehmungen werden über Dritte und deren Interpretationen weitergegeben, Hörensagen, Unterstellungen, zu kurzer Beobachtungszeiträume, etc.
Die Rolle der Lehrperson besteht darin, Wahrnehmungen aufzunehmen und zu klären, wie eindeutig und klar bestimmte Hinweise oder Rückmeldungen sind. Daraus ergeben sich folgende Handlungsschritte:
- Bei begründeten Verdacht (step 1) – Mitteilungspflicht an die Schulleitung
- Amtsverschwiegenheit §33 LDG – keine Anzeige bei der Polizei, nach dem Prinzip „Helfen statt Strafen“
- Bei reinen Vermutungen und unbestätigten Verdächtigungen –
Vorgehen nach Handeln bei Auffälligkeiten – step 1-6 - Bei Unklarheiten bezüglich weiterer Vorgehensweisen – Rücksprache mit der Schulleitung
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Verantwortung der Schulleitung
Lehrperson wendet sich an die Schulleitung, Erziehungsberechtigte werden verständigt
1. Ist aufgrund der vorherigen Vorgehensweise (STEPS) anzunehmen, dass ein/e SchülerIn Suchtgift missbraucht, ist von der Lehrperson (die das Gespräch mit dem/der SchülerIn geführt hat) die Schulleitung zu informieren.
2. Die Polizei wird NICHT verständigt.
3. Bei Erhärtung der Verdachtsmomente wird von der Schulleitung der §13 SMG eingeleitet. Bei minderjährigen SchülerInnen werden die Eltern von der Schulleitung verständigt und gemeinsam mit dem/der betroffenen SchülerIn zu einem Gespräch eingeladen. Dabei wird mitgeteilt, dass es zu keiner Anzeige kommt und weitere Schritte im §13 SMG gesetzt werden müssen
4. Für den Fall, dass die Erziehungsberechtigten nicht zum Termin kommen, erfolgt seitens der Schulleitung eine Meldung an die Gesundheitsbehörde (Amtsarzt).
5. Die Schulleitung veranlasst eine schulärztliche Untersuchung. Im Suchtmittelgesetz ist weiters angeführt, dass der schulpsychologische Dienst in der Regel beizuziehen ist.
Da Berufsschulen häufig über keinen Schularzt verfügen, hat die Bildungsdirektion für die Bereitstellung eines entsprechend befähigten Arztes zu sorgen. Die Kosten für diese Untersuchung werden vom Schulerhalter dieser Schule getragen.
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Schulärztliche Untersuchung und gesundheitsbezogene Maßnahme
Der/die SchülerIn unterzieht sich einer schulärztlichen Untersuchung und gesundheitsbezogenen Maßnahme
Eine von der Schulleitung angeordnete schulärztliche Untersuchung im Sinne von §13 SMG klärt:
- Liegt ein Suchtgiftmissbrauch im Sinne eines gelegentlichen, gesundheitsschädigenden oder abhängigen Konsums vor?
- Ergibt sich daraus die Notwendigkeit eine gesundheitsbezogene Maßnahme anzuordnen?
Da es sich bei der Erstabklärung auch um eine psychologische Beurteilung handelt, ist der schulpsychologische Dienst in der Regel beizuziehen.
Das Suchtmittelgesetz lässt dem Schularzt/ -ärztin und ggf. der Schulpsychologie bei der Wahl der Untersuchungsmethode weitgehend freie Wahl. Weder für die ärztliche noch für die schulpsychologische Abklärung werden bestimmte Methoden empfohlen, vorgeschrieben oder verboten.
Suchtmittelmissbrauch wird durch Schularzt/-ärztin nicht bestätigt
Erhärtet sich bei dieser Untersuchung der Verdacht des Missbrauchs nicht, werden der/die betroffene SchülerIn und die Erziehungsberechtigten über das Ergebnis informiert und es werden keine gesetzlichen Maßnahmen weiter durchgeführt.
Suchtmittelmissbrauch wird durch Schularzt/-ärztin bestätigt
Ergibt sich jedoch, dass der/die SchülerIn tatsächlich Suchtgift missbraucht und eine gesundheitsbezogene Maßnahme notwendig ist, wird diese in einem gemeinsamen Gespräch (Schulleitung, Schularzt/-ärztin, Erziehungsberechtigte, SchülerIn). Gegebenfalls kann der schulpsychologische Dienst hinzugezogen werden.
Gesundheitsbezogene Maßnahmen nach §11 SMG:
- Ärztliche Überwachung des Gesundheitszustandes
- Ärztliche Behandlung einschließlich der Entzugs- und Substitutionsbehandlung
- Klinisch-psychologische Beratung und Betreuung
- Psychotherapie
- Psychosoziale Beratung und Betreuung… durch qualifizierte und mit Fragen des Suchtmittelmißbraus hinreichend vertraute Personen.
Verweigerung oder Abbruch der gesundheitsbezogenen Maßnahme
Kommt der/die betroffene SchülerIn der gesundheitsbezogenen Maßnahme und deren Nachweispflicht nicht nach, bzw. bricht diese vorzeitig ab, so hat die Schulleitung davon die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde zu verständigen.
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Auf sich achten und Unterstützung holen
Sie sind nicht für die Lösung des Problems verantwortlich
Schweigepflicht
Solange die notwendigen gesundheitsbezogenen Maßnahmen aus der Sicht der Schulleitung sichergestellt sind, ist sie zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit gegenüber dritten Personen und anderen Behörden verpflichtet!
Dokumentation und Bestätigungen
Der/die SchülerIn muss der Schulleitung in regelmäßigen Abständen (unaufgefordert zu den vereinbarten Zeiten) eine Bestätigung darüber vorlegen, dass er/sie sich noch in der Maßnahme befindet und sie nicht etwa vorzeitig abgebrochen hat.
Über den Verlauf der Maßnahme dürfen von der Schule außer den regelmäßigen Besuchsbestätigungen keine weiteren Angaben verlangt werden.
Der Nachweis über Beginn, Terminbestätigungen und regulären Abschluss der gesundheitsbezogenen Maßnahme ist eine Bringschuld des/der SchülerIn.
Die auf der Bestätigung aufscheinenden Angaben über den Beginn und die Fortführung der gesundheitsbezogenen Maßnahme sind sensible Daten im Sinn von § 4 Z 2 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000). Werden sie in der Schule in elektronischer Form aufbewahrt, kann das mangels ausreichender gesetzlicher Grundlage nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Schülers bzw. dessen Eltern geschehen. Eine solche Zustimmung kann jederzeit und ohne Angabe von Gründen widerrufen werden, was die Schule zum Löschen der Daten verpflichtet (§ 9 Z 6 DSG 2000).
Abschluss
Nachdem der/die SchülerIn die gesundheitsbezogene Maßnahme beendet hat, ist der Schulleitung eine Abschlussbestätigung zu bringen.
Die gesamte Dokumentation der Schule und die erbrachten Bestätigungen können nun vernichtet werden.