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Fragen zu Suchtmittelkonsum in Bewerbungsgesprächen – zulässig?

Manchmal entsteht schon bei den ersten Kontakten mit Stellenbewerber*innen der Verdacht, diese könnten einen riskanten Umgang mit Suchtmitteln haben oder vielleicht sogar in einer Suchtbehandlung sein. Im Bewerbungsgespräch direkt danach zu fragen, ist aber nicht so einfach möglich.

Grundsätzlich sind Fragen nach Konsumgewohnheiten oder nach einer aktuellen bzw. bereits abgeschlossenen Suchtbehandlung arbeitsrechtlich nicht zulässig, da sie einen Eingriff in die geschützte Privatsphäre der Stellenbewerber*innen darstellen.

Die Fragen können aber zulässig sein, wenn diese Tatsachen in Bezug auf die Art und Beschaffenheit der zukünftigen Tätigkeit relevant sind. Dies kann bei gefahrengeneigten Tätigkeiten oder bestimmten Berufen gegeben sein, wie bei Berufskraftfahrer*innen oder Pilot*innen und ist im Einzelfall zu prüfen. In einem Bewerbungsbogen dürfen diese Fragen bei Vorhandensein eines Betriebsrates nur aufgenommen werden, wenn sie durch eine Betriebsvereinbarung gedeckt sind.

Die Verweigerung einer Antwort – auch wenn die Frage rechtlich zulässig ist – wird natürlich in der Praxis hinderlich sein, die angestrebte Stelle zu erhalten. Überdies kann sie für arbeitslose Stellenbewerber*innen unter Umständen zur Sperre des Arbeitslosengeldes wegen Vereitelung der Anstellung führen.

Stellt eine wahrheitswidrige Beantwortung dieser Fragen bei der Einstellung einen Entlassungsgrund dar?

Die wahrheitswidrigen Angaben von Arbeitnehmer*innen müssen objektiv geeignet sein, das Vertrauen der Arbeitgeber*innen so weitgehend zu erschüttern, dass den Unternehmen eine Weiterbeschäftigung nicht einmal während der Kündigungsfrist zugemutet werden kann. Insofern begründet nicht jede unwahre Antwort von Arbeitnehmer*innen eine Entlassung, wohl aber in der Regel dann, wenn die Fragestellung aufgrund der spezifischen Beschäftigung (z.B. Berufskraftfahrer*innen, gefahrengeneigte Beschäftigung) objektiv gerechtfertigt war.

Dr.in Alexandra Holzer, Arbeiterkammer Oberösterreich

Praxistipp: Manche Unternehmen berichten, dass sie gehäuft mit suchtmittelaffinen Bewerber*innen und Mitarbeitenden konfrontiert sind. Möglicherweise hat der firmenintern nachlässige Umgang mit suchtmittelbedingten Problemen das Firmenimage beschädigt und zieht nun entsprechende Personen an. Gegensteuern können Arbeitgeber*innen mit klaren Konsumregeln und Handlungsleitfäden für Anlassfälle, die idealerweise in Form einer Betriebsvereinbarung festgeschrieben werden. Schulungen für Führungskräfte unterstützen das Ziel, dass bei Auffälligkeiten tatsächlich Gespräche geführt und Sanktionen gesetzt werden. Beschäftigte, Leasingarbeiter*innen und neue Mitarbeiter*innen müssen aktiv über die internen Richtlinien und Konsequenzen bei Verstößen informiert werden. Sie sollten aber auch zu den Gefahren von beeinträchtigtem Arbeiten für sich und andere sensibilisiert und zur Mitwirkung motiviert werden. Jedenfalls ist der Umgang mit Suchtmitteln am Arbeitsplatz ein Kulturthema, dessen Veränderung Zeit braucht.

Weitere arbeitsrechtliche Themen finden Sie auf Stepcheck/Betrieb/Arbeitsrecht

Für Beratungen im Einzelfall stehen Ihnen die Expert*innen des Netzwerks betriebliche Suchtprävention OÖ zur Verfügung.

Arbeitsrechtliche Beratung:

Text: Mag.a Rosmarie Kranewitter-Wagner, Institut Suchtprävention, pro mente OÖ

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