Viele Unternehmen und Organisationen setzen bereits betriebliche Suchtpräventionsprogramme um. Erfahrungsberichte benennen sowohl Faktoren, die eine erfolgreiche Durchführung begünstigen, als auch solche, die ein Programm hemmen oder sogar zum Scheitern bringen können.
Erfolgsfaktoren für die Umsetzung betrieblicher Suchtpräventionsprogramme sind…
- Die Bildung einer Steuerungsgruppe für Suchtprävention, die von oberster Stelle beauftragt ist und auch Führungskräfte und Arbeitnehmer/innenvertretung einbindet.
- Die Steuerungsgruppe Suchtprävention initiiert einen gemeinsamen Entwicklungsprozess, der zu einem abgestimmten Konzept führt, das von allen mitgetragen wird. Kontinuierliche interne Öffentlichkeitsarbeit stößt Diskussionsprozesse und eine Kulturveränderung an.
- Der Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Suchtprävention sorgt für Kontinuität und Nachhaltigkeit der Maßnahmen. Sie ist ein klares Statement und gewichtiges Element im betrieblichen Gesundheitsmanagement. Kleinere Betriebe können sich bei der Erarbeitung zusammenschließen oder an Konzepten anderer Organisationen orientieren. Die Begleitung durch Suchtpräventions-Expert/innen bringt den aktuellen Wissensstand ein.
- Die Einbeziehung aller unterschiedlichen Beschäftigtengruppen braucht es, um bei der Entwicklung der Maßnahmen die verschiedenen Arbeitsbedingungen berücksichtigen zu können und die Akzeptanz des Programmes zu erhöhen.
- Die Qualifizierung der Personalverantwortlichen erfolgt durch verbindliche Schulung aller Führungskräfte (und ev. Betriebsräte) bis zu den untersten Ebenen. Solche Fortbildungen erhöhen die Handlungssicherheit der Verantwortlichen und sind Voraussetzung dafür, dass die gewünschten Gespräche tatsächlich geführt werden.
- Frühzeitige Gespräche bei Auffälligkeiten am Arbeitsplatz werden durch Handlungsleitfäden unterstützt und sind eine wirkliche Hilfe für belastete Beschäftigte. Sie werden auf Basis der Fürsorgepflicht geführt und können ungünstige Entwicklungen frühzeitig abstoppen.
- Ein Stufenplan als Leitfaden für Intervention bei Suchtgefährdung ist das Herzstück betrieblicher Frühintervention! Ein Stufenplan stellt eine verbindliche Grundlage für Führungshandeln dar, schafft Rollenklarheit und Handlungssicherheit. Wichtig ist, dass bereits im Entwicklungsprozess die breite Akzeptanz des Vorgehens gefördert wurde und bei Inkrafttreten der Betriebsvereinbarung alle Führungskräfte mit an Bord sind.
- Die Unterstützung der Führungskräfte bei der Durchführung von Interventionsgesprächen gelingt durch Seminare, interne Beratung und schriftliche Leitfäden für jede Gesprächsstufe.
- Das Vorgehen bei akuter Beeinträchtigung der Arbeitssicherheit durch Alkohol, illegale Drogen oder andere Suchtmittel ist klar geregelt. Es basiert auf dem ASchG und gibt klare Anweisungen, wer einzubinden ist, wie dokumentiert wird usw.
- Das Ansprechen von gefährdeten Beschäftigten durch Kollegen und Kolleginnen ist oft ein wertvoller erster Impuls für Betroffene. Es gilt, alle Mitarbeiter/innen dahingehend zu informieren, dass langes Wegschauen und Vertuschen das Problem vergrößert und man einem gefährdeten Kollegen/einer suchtkranken Kollegin dadurch hilft, dass ein Stufenplan-Verfahren gestartet wird.
- Angebote der Beratung und Unterstützung für Führungskräfte mit Auffälligkeiten im Mitarbeiter/innenkreis und für belastete und suchtgefährdete Beschäftigte sind ebenfalls wichtiger Bestandteil eines Suchtpräventionsprogrammes.
- Konzepte der Wiedereingliederung und Angebote zur Nachsorge regeln einen passenden Einstieg nach längerer Abwesenheit aufgrund einer Entwöhnungsbehandlung und senken das Risiko eines Rückfalls durch langfristige Begleitung z.B. durch Selbsthilfegruppen.
- Präventive Maßnahmen ergänzen das Maßnahmenbündel und setzen an, noch bevor es zu Auffälligkeiten kommt. Diese sind z.B. Sensibilisierung und Unterweisung aller Beschäftigten zu den Risiken von Substanzkonsum, Beseitigung von betrieblichen Ursachen für psychische und physische Belastungen, da diese nachweislich zu erhöhtem Substanzkonsum führen usw.
- Zielgruppenspezfische Angebote für Lehrlinge und Lehrlingsverantwortliche werden gesetzt. Diese thematisieren die Entwicklungsaufgaben und die Bedeutung von Substanzkonsum im Jugendalter und berücksichtigen die spezielle Verantwortung des Unternehmens für junge Arbeitnehmer/innen berücksichtigen.
Stolpersteine auf dem Weg zu einem betrieblichen Suchtpräventionsprogramm sind…
- Es besteht grundsätzliches Misstrauen zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat.
- Frühere Konflikte oder gescheiterte Projekte wirken (oft unterschwellig) in der Steuerungsgruppe.
- Das „Tabu Sucht“ bleibt in der Steuergruppe aufrecht, Anlassfälle bleiben unbesprochen, einzelne heiße Eisen werden nicht angegangen.
- Suchtgefährdete Personen in entscheidenden Positionen erschweren konsequentes Vorgehen.
- Häufig wechselnde Führungskräfte in großen Konzernen stellen getroffene Entscheidungen wieder in Frage.
- Es gibt keine einheitliche Umsetzung der Maßnahmen z.B. bei mehreren Standorten, für Arbeiter/innen und Angestellte, Führungskräfte und Mitarbeiter/innen. Dies schwächt die Akzeptanz und somit die Wirkung eines Suchtpräventionsprogrammes.
Betriebliche Suchtpräventionsprogramme sind bei adäquater Durchführung ein Erfolgsmodell!
-> Sie schaffen Strukturen für verbindliche Prozesse im Bereich der Suchtvorbeugung.
-> Sie vermitteln allen Beschäftigten professionelle Unterstützung bei riskantem Konsum und Suchtgefährdung.
-> Sie fördern die Kompetenz der Führungskräfte und bieten Handlungsanleitungen für fürsorgliche Gespräche und Interventionen bei Auffälligkeiten am Arbeitsplatz.
Unterstützung zur Umsetzung in Ihrem Betrieb erhalten Sie durch das Team des Institut Suchtprävention.
Quellen: Hans-Bökler-Stiftung, Hrsg. (2018): Erfolgsfaktoren für die Umsetzung betrieblicher Regelungen zur Suchtprävention und Suchthilfe. Praxiswissen Betriebsvereinbarungen. Düsseldorf
Text: Mag.a Rosmarie Kranewitter-Wagner, Institut Suchtprävention/pro mente OÖ
Foto: sasint auf Pixabay.com