Nicht immer ist eine Beeinträchtigung von Mitarbeiter/innen durch Substanzen leicht erkennbar. Nehmen Vorgesetzte eine solche jedoch wahr, sind sie verpflichtet, die Person vom Arbeitsplatz zu verweisen. Dadurch werden mögliche Unfälle vermieden und die Wichtigkeit von Nüchternheit am Arbeitsplatz als grundlegender Wert betont.
Rechtliche Grundlagen
Ist ein/e Mitarbeiter/in am Arbeitsplatz berauscht, stellt dies einen Verstoß gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften (§15 (4) ASchG) dar: „Arbeitnehmer dürfen sich nicht durch Alkohol, Arzneimittel oder Suchtgift in einen Zustand versetzen, in dem sie sich oder andere Personen gefährden können.“
Ist die Arbeitssicherheit aufgrund dieser Berauschung akut gefährdet, so ist der Dienstgeber verpflichtet, die betroffene Person vom Arbeitsplatz zu verweisen und für ihren sicheren Nachhauseweg zu sorgen. Dies ist im Arbeitnehmerschutzgesetz § 6 (3) geregelt.
Wie ist bei akuter Gefährdung der Arbeitssicherheit vorzugehen?
- Beeinträchtigung feststellen und objektivieren
Gemeinsam mit zumindest einem Zeugen (andere Führungskraft, Betriebsärztin, Betriebsrat, Mitarbeiter/in) werden augenscheinliche Auffälligkeiten festgehalten und der Sachverhalt objektiviert. Dieses Festhalten von Verhaltensauffälligkeiten und die Äußerung des Verdachts, dass der/die Arbeitnehmer/in beeinträchtigt ist, ist ausreichend. Es muss nicht bekannt sein, um welche Substanz es sich handelt. Auch in einem späteren allenfalls notwendigen Beweisverfahren vor Gericht genügen die Zeugenaussagen und es ist nicht zwingend notwendig, Testergebnisse vorzulegen.
- Den/die Arbeitnehmer/in vom Arbeitsplatz verweisen
Aufgrund der akuten Selbst- und Fremdgefährdung darf die beeinträchtigte Person nicht arbeiten und sollte sich auch nicht am Firmengelände aufhalten (Rausch ausschlafen im Pausenraum…) Zur Fürsorgepflicht der Führungskraft gehört auch, für ein sicheres Heimkommen zu sorgen. Bewährt hat sich das Rufen eines Taxis oder eines Angehörigen und das Beaufsichtigen, bis diese eintreffen. Für die nicht erbrachten Arbeitsstunden muss Zeitausgleich oder Urlaub genommen werden. Die Gesprächsführung sollte knapp, sachlich und deeskalierend sein und in erster Linie das Ziel verfolgen, dass die berauschte Person sicher nach Hause kommt. Für mögliche Sanktionsgespräche ist der nächstmögliche Arbeitstag zu wählen, wenn die Person nüchtern und aufnahmefähig ist.
- Schriftliche Dokumentation
Über den Vorfall wird gemeinsam mit den Zeugen ein schriftliches Protokoll erstellt.
- Verwarnung, Androhung der Entlassung und/oder Stufenplangespräch
Dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin wird die schriftliche Dokumentation und – je nach Schwere des Vorfalls – die Androhung der Entlassung im Wiederholungsfall übergeben. Diese Verwarnung muss in zeitlich engem Zusammenhang mit dem Vorfall erfolgen. In Betrieben, die eine Betriebsvereinbarung mit Stufenplan zur Frühintervention haben, wird ergänzend oder alternativ zur Androhung der Entlassung ein entsprechendes Stufenplangespräch samt Dokumentation und Vereinbarungen geführt. Hierbei soll darauf hingewiesen werden, dass auch im Laufe eines Stufenplanes bei Nichteinhaltung der Vereinbarungen arbeitsrechtliche Konsequenzen vorgesehen sind.
- Beobachtung und Folgegespräch
Mit dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin wird ein Beobachtungszeitraum und ein Termin für ein Feedback-Gespräch vereinbart. Im Einzelfall kann auch die Vermittlung zu einer Beratungseinrichtung notwendig sein.
Sind Alkohol- und Drogentest am Arbeitsplatz erlaubt und sinnvoll?
Generell stellen Tests (Alkohol- Harn-, Speichel- oder Bluttests) einen Eingriff in die persönliche Freiheit der Arbeitnehmer/innen dar. Sie sind an die Freiwilligkeit und ausdrückliche Zustimmung der Beschäftigten gebunden, wobei eine Ablehnung keinerlei Konsequenzen nach sich ziehen darf.
Gegen den Einsatz von Drogentest am Arbeitsplatz spricht einiges:
Drogentests, die in der Masse zur Anwendung kommen (z.B. Schnellharntests) weisen eine hohe Fehlerquote auf und sind im Vergleich zu Laboruntersuchungen unzuverlässig.
Darüber hinaus sind viele illegale Drogen sehr lange nachweisbar. Cannabis kann zum Beispiel im Harn bis zu 6 Wochen nachgewiesen werden. Bei einem positiven Testergebnis kann also nicht gesagt werden, ob die Person aktuell beeinträchtigt ist oder ob es sich um einen länger zurückliegenden (Freizeit)- Konsum handelt.
Ein weiteres Problem ergibt sich daraus, dass testende Ärzte/Ärztinnen aufgrund ihrer Schweigepflicht das Ergebnis nicht an den Arbeitgeber weiterleiten dürfen. Dazu müsste sie der Arbeitnehmer ausdrücklich von der Schweigepflicht entbinden.
Drogentests geben also nur vermeintliche Sicherheit und sind für den Verweis vom Arbeitsplatz– wie bereits erwähnt – nicht erforderlich. Viele Unternehmen bieten verdächtigten Mitarbeiter/innen die Möglichkeit des Gegenbeweises durch einen Alkohol- und Drogentests in einem autorisierten Labor an. Diese wird jedoch so gut wie nie in Anspruch genommen. Führungskräfte scheinen mit ihrer Wahrnehmung, dass konsumiert wurde, meist richtig zu liegen.
Unternehmen sollten sich präventiv mit der Situation eines Arbeitsplatzverweises auseinandersetzen. Dazu gehört, dass Führungskräfte über den rechtlichen Rahmen und die empfohlenen Schritte Bescheid wissen, dass es Vorlagen zur Dokumentation gibt und außerdem die Kontaktdaten eines autorisierten Labors für die Möglichkeit eines Gegenbeweises aufliegen.
Weiterführende rechtliche Informationen zu Substanzkonsum und Sucht am Arbeitsplatz:
Video zum Verweis vom Arbeitsplatz:
Handeln bei akuter Berauschung
Text: Mag. Rosmarie Kranewitter-Wagner, Institut Suchtprävention Linz